Die grüne Wonne im Monat Mai
Hello and welcome, sei gegrüsst am Ende dieses Monats der uns überrascht hat mit viel Licht und Wärme, ja wir haben geradezu gebadet im warmen Schein der Sonne, wir verbrachten unsere Tage draussen unter dem blauen Himmel, haben Feuer gemacht in der rostigen Feuerschale und im Garten gegessen. Blumen wurden in die Töpfe gepflanzt, Gartentische und Stühle bekamen einen neuen weissen Anstrich, meine Sommersprossen aus Kindertagen waren plötzlich wieder da, und ich hab mir sogar einen kleinen Sonnenbrand geholt. Was sind schon ein paar Sommersprossen und eine rote Nase wenn die Seele aufblüht und das Leben neu erwacht.
Eines Morgens, es war in den ersten Maitagen, ich erwachte sehr früh und ging hinaus in den Garten. Ich tat einige Schritte ums Haus und nahm ein paar tiefe Atemzüge, dieser Morgen war heller und der Himmel offener als die Tage zuvor. Ich schlang eine Decke um mich und setzte mich auf die Bank die noch leicht feucht war vom nächtlichen Tau. Nach den vielen nasskalten Tagen die der März und April uns beschert hatte, genoss ich das helle Licht dieses Morgens, ich liess meine Augen schweifen, und wollte die Schönheit dieses neuen Tages in mich aufnehmen.
Später an diesem Morgen nahm ich Bleistift und Papier und schrieb meine Eindrücke nieder, gerne teile ich sie mit Dir:
„Ein weicher blauer Himmel hat sich aufgespannt über dem Land, das taunasse Gras glänzt im feurigen Licht der aufgehenden Sonne. Windstill und ruhig schlummert der Morgen, ohne eine Regung in den wilden grünen Hecken. Ins helle Blau des Himmels mischen sich weisse Wolkenschleifen, engelsgleich und elegant schweben sie am Firmament. Nach Tagen die kalt und im bleichen Nebel versunken, öffnet sich das Herz und der Atem kann wieder fliessen, ich möchte jubeln und die Erde umarmen, das Leben ist zurück. Auf dem Kabel der Strommasten sitzen kleine schwarze Vögel in einer Reihe, wie Artisten auf dem Seil im Zirkuszelt. Bewegungslos und alle in die gleiche Richtung schauend, verharren sie in einem endlos dauernden Moment. Einer hebt seine Flügel und fliegt in die Luft, die anderen fliegen hinterher. Inmitten all der dicht belaubten Bäume sind einige, die sind noch nackt, mit hoch aufragenden Ästen als wollten sie in den Himmel wachsen. In den Astspitzen sitzen Vögel mit braunem Gefieder und rundem Bauch, majestätisch thronen sie auf dem höchsten Punkt. Es müssen Einzelgänger sein, Königinnen und Könige, ein jeder beansprucht einen Baum nur für sich. Die Spatzen sind weniger verwöhnt, sie flattern ums Haus, landen wo es ihnen grad behagt, aber nur für einen Moment, zum Ausruhen haben sie an diesem Morgen weder Lust noch die Zeit. Frühling ist es und der muss ausgekostet werden.
Am Rand der Wiese steht die verwitterte Gartenbank mit den rostigen, hübsch geschwungenen Beinen, kaum trocken vom nächtlichen Nebel lädt sie ein zum Verweilen schon in der Früh. Der Morgen riecht nach flüssiger warmer Butter und nach einem Hauch von Zitrone in den Tautropfen, nach der belebenden Frische von wilder Pfefferminze. Schmetterlinge in leuchtendem Orange und zartem Weiss, sie fliegen von Blume zu Blume, laben sich an ihrem Duft. Leichtlebig wie sie sind, verweilen sie nicht allzu lange, sie lieben die Abwechslung und das Abenteuer. Im Gebüsch der wilden Beeren ist ein filigranes Kunstwerk gewoben, ein Netz aus seidenem Faden, im Schutz der spitzen Dornen haust die Spinne in ihrem lichtdurchfluteten Haus.
An der Mauer des Hauses, die noch im Schatten liegt, wächst eine Blume die die Farbe eines tiefblauen Himmels hat. Es ist die Kornblume, ihre Blätter sind von einem dunklen Grün, doch sind die Blüten noch geschlossen. Beim genauen Betrachten ist in der Mitte des Blütenknopfes das Blau bereits erkennbar, ein paar sonnige Tage noch und sie brechen auf in ihr blühendes Leben.
Die Sonne steigt höher und höher, Stufe um Stufe erobert sie sich den Himmel und vertreibt die letzten Wolkenschleier, ihr heller Schein lässt das grüne Meer unter ihr zu einem triumphalen Sieg des Wachstums und des Reifens erheben. Grün ist der Saft und das Blut der Erde, die Vermittlerin von Mensch und Natur, Grün bringt Ruhe und Ausgeglichenheit in unsere Seele, sie verspricht die Hoffnung auf Neubeginn und Zuversicht“.
Inzwischen sind schon wieder einige Tage ins Land gezogen, das Ende dieses grünen Monats naht, die Kornblume hat ihre Blüten geöffnet, die Pfefferminze ist noch mehr gewachsen, auf der Wiese vor dem Haus steht das Gras hoch und es blühen gelbe Blümchen. Wenn ich so zurückdenke, erinnere ich mich auch an die Spaziergänge und Ausflüge die wir gemacht haben in die nahe Umgebung. Der County Leitrim im Nordwesten ist der ländlichste und am wenigsten bewohnte County in Irland. Oft wähne ich mich in einem Meer aus Grün unter dem blauen Himmel, und ich habe das starke Gefühl dass ich hier, an diesem Ort, dem Himmel näher bin als sonstwo auf der Welt.
Mit dem Bild unten verabschiede ich mich für heute, es ist mein Lieblingsbild im Monat Mai, eher zufällig wurde ich Zeuge wie dieser Bauer seine Kühe auf die Wiese trieb wo sie sich am Wasser erlabten. Ich wähnte mich in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit, in einer guten Zeit, dieses Bild strahlt, so empfinde ich es, Ruhe, Frieden und Klarheit aus.
Ich wünsche Dir wunderbare und sonnige Tage, sei herzlich gegrüsst von der Grünen Insel, bis bald wieder in meinem Cottage Leben.
Gertrud Carey